Interviews zu Erziehungsthemen


Im Gespräch mit Wolfgang Schultes von der VHS

Etwa alle 4 Monate stelle ich mich den Fragen von Wolfgang Schultes von der VHS und gebe Tipps über Beziehungen und den humorvollen Umgang miteinander.



17.10.2020

Mit Humor geht Vieles leichter

Der Umgang miteinander gibt der Beziehung zwischen Kindern und Eltern Leichtigkeit und stärkt die Widerstandskraft der Kleinen. Von Wolfgang Schultes


Ein fröhliches und lachendes Kind: Viel hängt von dem humorvollen Umgang mit den Kindern ab. (Foto: Dmitry Naumov/Shutterstock)

Humor ist ja bekanntlich, wenn man trotzdem lacht. Aber kann man Sorgen einfach so „weglachen“?

Hilde Huber: Natürlich müssen wir dabei unterscheiden zwischen „jemanden Auslachen“ und „miteinander lachen“. Aber ohne Frage meint Humor hier das gemeinsame Lachen, das uns ein Gefühl der Verbundenheit schenkt, so dass wir uns nicht allein fühlen. So verstanden stärkt der Humor unsere Widerstandskraft gegen so manches Schwierige im Leben. Aus Afrika kommt die Weisheit: „Humor und Geduld sind Kamele, mit denen man durch jede Wüste kommt.“


Ab wann nehmen Kinder denn humorvolle Situationen bewusst wahr?

Humor ist eine angeborene Fähigkeit. Das Lachen ist als biologisches Erbe in unseren Genen gespeichert. Jedes Baby lächelt und trägt den Kern zur Entwicklung von Humor in sich. Der persönliche Sinn für Humor ist aber sehr erfahrungsabhängig.


Gibt es so etwas wie „Entwicklungsstufen des Humors“?

So ca. sechs bis acht Wochen nach der Geburt gibt es das sogenannte „soziale Wiederlächeln“ und zwischen dem zweiten und vierten Lebensmonat das „laute Lachen“. Säuglinge lachen infolge von Tast- oder Hörreizen, durch das Verschwinden oder Wiederauftauchen von etwas. Geht man davon aus, dass Humor zur emotionalen Basiskategorie Freude gehört, dann beginnt der Humor des Säuglings in dem Moment, in dem er Freude und Vergnügen zeigt. Später, so ab dem zweiten Lebensjahr, entwickelt das Kind die Fähigkeit des „Symbolspiels“ (als – ob – Spiel). Dabei kreieren sie bereits selbständig lustige Szenen, was zu umfassender Weiterentwicklung kognitiver, emotionaler und sozialer Kompetenzen führt. Kinder haben dann Spaß daran, Dinge falsch zu benennen. Ein Zeichen, dass sie nun auch in der Lage sind, zwischen Realität und Phantasie zu unterscheiden. 

Ab dem vierten Lebensjahr lachen die Kinder gerne in der Gruppe und nutzen die Mimik bewusst, um andere zum Lachen zu bringen. Lustige Wortspiele und Reime sind dann sehr gefragt, aber ebenso wird über Wörter aus der „Fäkalsprache“, oft mit sexuellen Anspielungen, gelacht. Ab dem siebten bis zum zwölften Lebensjahr entwickelt sich die Fähigkeit, Doppel- und Mehrdeutigkeiten von Wörtern zu erfassen und logische Zusammenhänge zu erkennen. Die Kinder haben dann ein verstärktes Bedürfnis, sich durch Lachen von Ängsten, Sorgen und belastenden Ereignissen zu entlasten.


Wo können Eltern gezielt humorvoll agieren, oder geht das nur spontan aus der Situation heraus?

Humor lässt sich nicht erzwingen oder kann gar „gelehrt“ werden. Der einfachste Weg zu Fröhlichkeit und Humor zu finden ist, sich von einem Kind anstecken zu lassen. Ansonsten helfen gute Hilfsmittel, wie Bilder, Bücher, Verkleidungsutensilien und  akustische und visuelle Medien. Es braucht zur Entwicklung von Humor eine Atmosphäre der Geborgenheit, Sicherheit, Neugierde und Spielfreude. Eltern können aus einer gewissen Gelassenheit heraus, welche nichts mit „Herablassung“ zu tun hat, versuchen, Konflikte zu lösen, in denen das Kind steckt. Humor bedeutet also nicht, dass Beteiligte nicht ernst genommen oder die Probleme verharmlost werden. Ganz allgemein gesprochen erleichtert er die soziale Interaktion und öffnet uns füreinander. Fröhliche Menschen sind einfach viel beliebter als Miesepeter. Als Grundsatz könnten sich die Familien einen Ausspruch von Pestalozzi zu Herzen nehmen. Er empfiehlt als Medizin: „Lache dreimal am Tag mit deinem Kind“.